Stimmungsbarometer Juni 2024: Gemischtes Stimmungsbild bei Kleinunternehmen – Talsohle durchschritten?

Nach den Befragungen im April und Herbst 2023 hat die VR Smart Finanz im April 2024 ein weiteres Stimmungsbarometer zusammen mit dem CFin – Research Center For Financial Services der Steinbeis-Hochschule erhoben. Erfragt wurden Stimmungslage und Zukunftsblick, Investitionsplanung, unter anderem hinsichtlich Nachhaltigkeit, sowie Präferenzen bei der Finanzierung und zu Interaktionskanälen im Banking.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

Stimmungsbild erneut positiv, aber im Vergleich zum Frühjahr leicht eingetrübt

Überwiegend positive Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage

Positive Auftrags- und Umsatzentwicklung, aber Liquiditätsengpässe gestiegen

Knapp 40 Prozent haben Investitionen verschoben oder abgesagt

Über die Hälfte plant Nachhaltigkeitsinvestitionen in den kommenden Monaten

Neben Kosten ist rückläufige Nachfrage größte Sorge für die Zukunft

Bankkredit für Kleinunternehmen die wichtigste Fremdfinanzierungsform

Digitale Kanäle gewinnen im Banking weiter an Bedeutung


Gemischtes Stimmungsbild

Im Mai 2024 deuten laut ifo-Geschäftsklimaindex die Zeichen auf einen allmählichen konjunkturellen Aufschwung in Deutschland hin, auch wenn das marktwirtschaftliche Umfeld weiterhin herausfordernd bleibt. Wie die jüngste Studie der VR Smart Finanz zeigt, ergibt sich bei Kleinunternehmen ein gemischtes Stimmungsbild. Ihre aktuelle wirtschaftliche Situation beurteilen die Befragten mehrheitlich als gut oder sehr gut und zeigen sich damit immer noch grundsätzlich stabil und anpassungsfähig. Die Politik darf sich das aber nicht auf die Fahnen schreiben. Nur jedes dritte Kleinunternehmen bewertet das wirtschaftspolitische Umfeld als positiv für den eigenen Unternehmenserfolg. Im Gegenteil, rechtliche Rahmenbedingungen empfinden Kleinunternehmen zunehmend als Belastung.

Auftragslage verbessert, aber immer noch Liquiditätsengpässe

Zu der eher positiven Lageeinschätzung passt, dass sich für über 40 Prozent der Befragten Auftragslage und Umsätze in den letzten 12 Monaten verbessert haben. Der Anteil ist im Vergleich zum Herbst 2023 jeweils etwas gestiegen. Die Gewinnentwicklung bleibt jedoch deutlich dahinter zurück. Im Umfeld immer noch hoher Kosten berichten knapp 40 Prozent der Kleinunternehmen, und damit ähnlich viele wie im Herbst 2023, von rückläufigen Gewinnen im vergangenen Jahr. Gleichzeitig klagt immer noch ein erheblicher Anteil über Liquiditätsengpässe. Mit 47 Prozent hat sich der Anteil zum Herbst sogar nochmal erhöht (+3 Prozentpunkte) und liegt insgesamt dreimal so hoch wie im Vorkrisenjahr 2019 (16 Prozent).

Optimistischer Zukunftsblick

Die verbesserte Auftragslage scheint die Kleinunternehmen eher optimistisch zu stimmen. So erwartet ein gutes Drittel der Befragten eine steigende Nachfrage in den kommenden 12 Monaten, mehr als die Hälfte schätzt, dass diese gleichbleibt. Ähnlich ist das Bild bei den Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens: 37 Prozent rechnen mit einer positiven Entwicklung, der Großteil (52 Prozent) mit einer gleichbleibenden. Lediglich ein kleinerer Teil der Befragten (rund 10 Prozent) erwartet eine Verschlechterung von Nachfrage oder eigener wirtschaftlicher Situation.

Kosten bleiben größte Sorge

Bei den Kosten zählen die Unternehmen offensichtlich noch nicht auf eine deutliche Entlastung in der Zukunft. Nach wie vor sind Kostensteigerungen eine der Hauptsorgen der Unternehmen. Die Angst vor Energiekostensteigerungen ist allerdings vor dem Hintergrund gesunkener Energiepreise etwas zurückgegangen im Vergleich zum Herbst (Apr 2024: 37 Prozent, Okt 2023: 40 Prozent). Eine veränderte Nachfrage ist inzwischen für mehr als ein Drittel der Befragten eine große Herausforderung und der Anteil, verglichen zum Herbst, damit um 6 Prozentpunkte angestiegen. Demgegenüber hat ein drohender Arbeitskräftemangel etwas an Relevanz verloren gegenüber der Befragung im Herbst 2023.

Steigende Investitionsneigung

Vor dem Hintergrund hoher Kostenbelastungen und einem volatilen Marktumfeld haben Kleinunternehmen vorsichtiger investiert. Knapp 40 Prozent der Befragten haben Investitionen ganz abgesagt oder zumindest aufgeschoben. Da die verschobenen Investitionen zum Großteil nachholt werden sollen, ist mit Nachholinvestitionen in den nächsten 2 Jahren zu rechnen. Mit der aktuell anziehenden Konjunktur steigt die Investitionsneigung insgesamt bei Kleinunternehmen wieder leicht an, das zeigt die Studie ebenfalls. Über zwei Drittel der Kleinunternehmen planen für die kommenden zwei Jahre Investitionen in Geschäftsausstattung sowie Digitalisierung beziehungsweise Automatisierung.

Nachhaltigkeit mit erneut steigender Relevanz

Die gestiegene Bereitschaft zu investieren, zeigt sich auch und gerade bei der nachhaltigen Optimierung im Betrieb. Über die Hälfte der Kleinunternehmen geben an, dass sie für die nächsten 12 Monate Investitionen in nachhaltige Vorhaben planen, der Anteil ist damit im Vergleich zum Herbst nochmal deutlich angestiegen (+10 Prozentpunkte). An erster Stelle werden dabei, wie auch in der Herbstumfrage, Investitionen in grüne Energie, wie PV-Anlagen oder Stromspeicher, sowie in E‑Mobilität genannt. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt erkennbar weiter an Relevanz für Kleinunternehmen, nicht nur bei Investitionen. So geben vier von fünf Unternehmen an, einen positiven Zusammenhang zwischen einer nachhaltigen Aufstellung und dem Erfolg des eigenen Unternehmens zu sehen.

Digitale Affinität im Banking deutlich gestiegen

Neben Stimmungsbild, Investitionen und Nachhaltigkeit wurden in der Studie auch das Finanzierungsverhalten und die Digitalisierung im Banking erfragt. Danach liegt der Bankkredit für Kleinunternehmen in der Fremdfinanzierung klar vorne, sowohl was die Attraktivität als auch die Häufigkeit der Nutzung betrifft. Wichtige Faktoren sind für die Befragten neben niedrigen Zinsen vor allem Flexibilität, Schnelligkeit von Entscheidung und Auszahlung sowie Vertrauen in den Kreditgeber. Aber auch die Möglichkeit zum Onlineabschluss ist für knapp die Hälfte der Befragten eine wichtige Option. Insgesamt zeigt die Studie eine deutlich gestiegene Affinität für digitale Kanäle zur Abwicklung von Bankgeschäften oder dem Produktabschluss. 90 Prozent der Befragten gab an, Onlinebanking zu nutzen, um Bankgeschäfte zu erledigen. Mehr als vier Fünftel der Befragten haben bereits in der Vergangenheit digitale Finanzprodukte über die Bank abgeschlossen oder können es sich zumindest vorstellen.

Mit Unterstützung aus der Talsohle

Es sprechen also durchaus Anzeichen dafür, dass die Talsohle auch für Kleinunternehmen allmählich durchschritten ist. Nicht nur erwarten sie mehrheitlich eine stabile oder sogar verbesserte Nachfragesituation, sondern planen auch wieder vermehrt Investitionen. Allerdings brauchen sie weiterhin Unterstützung, beispielsweise bei Liquidität und Investitionsfinanzierung. Das betrifft auch und gerade Investitionen in Zukunfts- und Wachstumsfelder wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Denn deren Relevanz, das zeigt die Studie ebenfalls, haben Kleinunternehmen bereits längst für sich erkannt.


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Über das Stimmungsbarometer

Das Stimmungsbarometer ist eine von regelmäßigen Studien, die die VR Smart Finanz seit 2019 gemeinsam mit CFin – Research Center For Financial Services der Steinbeis-Hochschule zur Situation und Bedürfnissen von Kleinunternehmen erhebt. Die Befragung fand vom 24. März bis 09. April 2024 unter 300 Geschäftskunden, Gewerbekunden sowie Unternehmen aus dem kleineren Mittelstand mit einem Jahresumsatz bis zu sechs Millionen Euro statt.